Kanadier auf Spurensuche bei Pingels
Alt Damerow: Heinz Albert Ebenau kann es kaum glauben: "Hier hat mein Vater geschlafen. Es sieht genau so aus wie er es mir beschrieben hat". Mit gebücktem Kopf gelangt der stattliche Mann in eine winzige Kammer des rund 400 Jahre alten Dielenhauses auf dem Pingelhof in Alt Damerow. Museumsführerin Kerstin Zimmermann hat die Türen der historischen Hofanlage an diesem Frühlingsnachmittag für ganz besondere Gäste extra geöffnet, obwohl hier eigentlich noch Winterruhe herrscht.
Heinz Albert Ebenau ist mit seiner Lebensgefährtin Dawn Rae in Kimberley in Kanada zu Hause und für einige Tage während des Urlaubs bei ihren Verwandten Sonja und Thomas Lund in Grabow zu Gast. Ganz oben auf der Ausflugswunschliste stand bei Heinz Albert Ebenau der legendäre Pingelhof in Alt Damerow. Und das hat einen besonderen Grund. "Mein Vater lebte als Jugendlicher während der letzten Kriegsmonate auf dem Pingelhof und hat mir viel über diese Zeit erzählt", berichtet der 47-Jährige, der in Kanada geboren ist und dort mit einem Log-Truck über die Highways fährt.
Sein Großvater war mit der Familie 1954 von Hamburg aus nach Kanada ausgewandert. Eine Schwester seiner Frau, Marta-Luise Pingel, ist die Oma von Sonja Lund. "Die Familienbande hält auch über tausende Kilometer. Da ist es für uns eine besondere Freude, den Verwandten die Heimat ihrer Vorfahren zu zeigen", sind sich Sonja und Thomas Lund einig.
Museumsführerin Kerstin Zimmermann konnte schon mehrfach Besucher aus Übersee begrüßen. In perfektem Englisch lässt sie das bescheidene Leben der Pingels auf der wohl ältesten erhalten gebliebenen Hofanlage in Mecklenburg lebendig werden.
Heinz Albert Ebenau ist gerührt. In der kleinen Dorfschule schreibt er seinen Namen auf die Schiefertafel. Seine Lebensgefährtin nutzt die Gelegenheit, um viele Fotos für das Familienalbum zu machen. "Alte Häuser mit Schilfdach gibt es in Kanada nicht. Das ist einfach unglaublich schön. Ich kann nun gut verstehen, dass mein Vater davon so geschwärmt hat", meint er.
Als ihm Kerstin Zimmermann anbietet, uralte Stelzen - wie sie einst sein Vater zum Spielen benutzte - auszuprobieren, ist das Glück perfekt.
Für Kerstin Zimmermann haben die Gäste aus Kanada etwas Besonderes mitgebracht: Originaldokumente wie Geburtsurkunden, Briefe und Fotos von den Verwandten der Pingels. Beim Abschied gibt es Freudentränen und die Nachricht, dass der 85-jährige Vater Heinz Ebenau im Herbst noch einmal selbst nach Mecklenburg kommen will.
von: Wolfried Pätzold
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